Neonazi-Szene verspottet Gewalt von Pölchow
Verhandlung nach rechtem Überfall am Landgericht Rostock fortgesetzt
Pressemitteilung der Prozessgruppe Pölchow vom 04. Februar 2010
Begleitet von Störungen durch Neonazis hat heute vor dem Landgericht Rostock der vierte Verhandlungstag im Prozess um den rechten Überfall in Pölchow stattgefunden. Während Polizeibeamte und ein Betroffener ihre Erinnerungen an die Ereignisse wiedergaben, fielen die anwesenden Neonazis, darunter einige NPD-Funktionäre, durch Pöbeleien, Zwischenrufe und Rempeleien auf. Einer musste wegen der Zurschaustellung neonazistischer Symbolik den Saal verlassen.
Im Sommer 2007 waren aus einer Gruppe von mehr als 100 Neonazis, die auf dem Weg zu einer NPD-Demonstration in Rostock waren, nicht-rechte Jugendliche während eines Zugstopps in Pölchow brutal überfallen und mißhandelt worden. Schon damals waren die NPD-Landtagsabgeordneten Udo Pastörs, Stefan Köster und Tino Müller in der rechten Reisegruppe gewesen. Keiner der Betroffenen hat sie jedoch einschreiten oder ihre Anhänger beruhigen sehen.
Unter anderem ist nun der NPD-Mitarbeiter Michael Grewe der gefährlichen Körperverletzung und des schweren Landfriedensbruchs angeklagt. Mehrere Zeuginnen und Zeugen belasteten ihn bisher, auch heute berichtete ein Betroffener erneut von Kommandos, die Grewe gegeben habe. Dieser, gab er seine Eindrücke wieder, hatte die Situation genossen, sich augenscheinlich sehr wohl gefühlt und beständig gegrinst. Die eingesetzten Polizisten berichteten von der Beweissicherung nach den Ereignissen.
Noch mehr als bei den letzten Verhandlungstagen fielen heute die anwesenden Neonazis durch Pöbeleien, Zwischenrufe und Rempeleien auf. Einer von ihnen musste den Saal verlassen, nachdem das Gericht ihn auf sein T-Shirt mit dem Schriftzug der rechts-terroristischen Gruppierung „Combat 18“ (Code für: „Kampfgruppe Adolf Hitler“) angesprochen hatte. Andere verhöhnten den Betroffenen des Angriffs im Zeugenstand. Unter ihnen waren auch heute wieder NPD-Mitarbeiter wie Michael Gielnik, die für Unruhe sorgten. Im Internet verbreitet die Neonazi-Szene derweil Spott über den Prozess, schreibt die Ereignisse zu einem “linksextremistischen” Angriff auf friedliche “Nationalisten” um oder erinnert sich offen und mit Freunde an “die Anblicke blutender Zecken” (Szene-Slang für nicht-rechte Jugendliche).
“Nicht zuletzt der Spott und Hohn der Neonazis im Gerichtssaal und im Internet über die Opfer des Gewaltexzesses konterkarrieren die Schutzbehauptungen der NPD”, so Franziska Holtz, Pressesprecherin der Prozessgruppe Pölchow. “Stattdessen wird einmal mehr offenbar, dass brutale Angriffe auf die Feindbilder der Neonazi-Szene untrennbarer Teil ihres Verständnisses von Politik sind.”
Ausführliche Informationen sind im Prozessbericht zum vierten Verhandlungstag zu finden.