Anwälte als Handlanger der Neonazi-Szene?

Michael Andrejewski fordert Freispruch für Parteikollegen – Dubiose Hintergründe der Verteidigung im Prozess um Neonazi-Überfall

Pressemitteilung der Prozessgruppe Pölchow vom 05. März 2010

Freisprüche forderten zwei der Verteidiger heute vor dem Landgericht Rostock im Prozess um den Neonazi-Überfall auf nicht-rechte Jugendliche in Pölchow im Sommer 2007, ein weiterer plädierte maximal für eine Bewährungsstrafe. Der NPD-Landtagsabgeordnete Michael Andrejewski hielt in seinem Plädoyer weiterhin die Neonazi-Propaganda eines “linken” Überfalls aufrecht und verglich Zivilcourage gegen Rechts mit Rassismus und Antisemitismus.

Den brutalen Angriff auf jene, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen, bezeichnete Andrejewski als “Notwehr” gegen einen angeblichen “linken” Angriff. Dass es diesen nicht gegeben hat und selbst die von der Verteidigung vorgeladenen Entlastungszeugen aus der rechten Szene nicht angeben konnten, geschlagen worden zu sein, ignorierte er. Stattdessen setzte er in typischer NPD-Diktion Zivilcourage gegen Neonazis und ihre Ideologie mit rassistischer und antisemitischer Gewalt gleich. Da ihm alle Betroffenen unglaubwürdig waren und Grewe aufgrund seiner Tätigkeit im NPD-Ordnungsdienst sehr um Recht und Gesetz bemüht sei, forderte er dessen Freispruch. Der Verteidiger von Dennis F., Sven Rathjens, schien von der Unschuld seines Mandanten nicht gänzlich überzeugt zu sein und plädierte maximal für eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten wegen fahrlässiger Körperverletzung. Der Rechtsanwalt des dritten Angeklagten forderte im Einklang mit der Staatsanwaltschaft einen Freispruch, da ihm keine konkrete Tatbeteiligung nachgewiesen werden könne.

Im Verlauf des Prozesses war die Verteidigung mehr als einmal aufgefallen. Diese umfasst nicht nur Michael Andrejewski, der seit Jahrzehnten aktiver Kader der extremen Rechten und der NPD ist. Ihm zur Seite stand in der Verteidigung Michael Grewes der Rostocker Anwalt Thomas Penneke, der als Hausanwalt der Neonazi-Szene Mecklenburg-Vorpommerns eine Vielzahl von rechten Kadern und Gewalttätern verteidigt. Er ist Mitglied einer Burschenschaft im Dachverband der “Deutschen Burschenschaft”, der von vielen Seiten Nähe zur extremen Rechten vorgeworfen wird. Sven Rathjens ist „Bundesbruder“ und Kanzleikollege Pennekes. In der Zeugenbefragung war offenkundig geworden, dass er zwei Entlastungszeugen der rechten Szene zu einem gemeinsamen Vorgespräch geladen hatte. Den Kontakt hatte der Rostocker Neonazi David Petereit vermittelt, der einem dieser Rechten auch Einblick in die Anklageschrift gewährte, die Teil der Ermittlungsakten ist. Die Einlassungen der Angeklagten Michael Grewe und Dennis F. waren auf einschlägigen rechten Internetseiten im Wortlaut veröffentlicht worden. Mit Drohungen über juristische Auseinandersetzungen versuchte Rathjens, die Berichterstattung der Prozessgruppe Pölchow über die Verhandlung einzuschränken.

“Teile der Verteidigung arbeiteten gemeinsam mit der Neonazi-Szene weiter an der Umschreibung des rechten Überfalls in Pölchow”, kommentiert Franziska Holtz, Pressesprecherin der Prozessgruppe Pölchow. “Sie machen sich dadurch gewollt oder ungewollt zu Handlangern der extremen Rechten, die jede noch so brutale Gewalttat gegen nicht-rechte Jugendliche, Migranten, Journalisten oder linke Politiker ideologisch zu rechtfertigen weiß.”

Ausführliche Informationen sind im Prozessbericht zum achten Verhandlungstag zu finden.

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