“Der Kampf gegen Neonazis kann nicht dem Staat überlassen werden”
Vor Urteilsverkündung im Pölchow-Prozess Kundgebung gegen rechte Gewalt in Rostock
Pressemitteilung der Prozessgruppe Pölchow vom 10. März 2010
Mit einer Kundgebung vor der Rostocker Staatsanwaltschaft werden Antifaschist/innen einen Tag vor der Urteilsverkündung im Pölchow-Prozess auf rechte Gewalt sowie die schlampigen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft aufmerksam machen. Einmal mehr ist dadurch deutlich geworden, dass die Auseinandersetzung mit Neonazis nicht dem Staat überlassen werden darf, sondern durch starkes und entschlossenes Engagement in der Gesellschaft geführt werden muss.
Im Sommer 2007 hatten Neonazis auf dem Weg zu einer NPD-Demonstration eine nicht-rechte Jugendgruppe in Pölchow brutal überfallen. Die Behörden ermittelten lange gegen die Opfer und nur träge gegen die eigentlichen Angreifer, so dass sich nach zweieinhalb Jahren nur drei Rechte vor dem Landgericht verantworten müssen. Polizei und Teile der Öffentlichkeit waren der NPD-Propaganda auf den Leim gegangen, die aus den Angreifern Opfer eines “linksextremen” Überfalls gemacht hatte. Im Prozess machten zwei der Angeklagten – darunter der Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion Michael Grewe – aus dem Überfall weiterhin eine Notwehrhandlung, zugleich schilderte eine Vielzahl von Betroffenen das erschreckende Ausmaß der Gewalt und die Rohheit der Neonazis. Während die Nebenklage auf das ideologische Motiv des Angriffs und die fehlende Reue der Angeklagten hinwies, ignorierte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer den neonazistischen Hintergrund der Tat. Einem der Angeklagten unterstellte sie sogar eine Distanzierung von der rechten Szene und forderte für die beiden mutmaßlichen Haupttäter Bewährungsstrafen. Das Urteil wird für den 16. März erwartet.
“Im brutalen Gewaltexzess gegen ihre Opfer offenbart sich der Kern jeder rechten Ideologie”, so Franziska Holtz, Pressesprecherin der Prozessgruppe Pölchow. “Polizei und Justiz dagegen scheinen sie kleinreden und den politischen Gehalt der Straftat ausblenden zu wollen. Dies zeigt einmal mehr, dass der Kampf gegen Nazis nicht den Behörden überlassen werden kann. Wir rufen deshalb dazu, auf am 15. März mit uns gegen menschenverachtende Ideologien, ihre Träger und die gesellschaftlichen Zustände zu demonstrieren, in denen rechte Einstellungen immer wieder in rechter Gewalt münden!”
Die Kundgebung unter dem Motto “Rechter Gewalt offensiv entgegentreten” findet am 15. März ab 17 Uhr vor der Staatsanwaltschaft Rostock in der Doberaner Straße 116 statt. Es sind mehrere Redebeiträge unter anderem von Betroffenen des Überfalls sowie ein Auftritt der antifaschistischen Band Feine Sahne Fischfilet geplant.