Michael Andrejewski: “Berufsrevolutionär von Rechts”

Vor dem Landgericht Rostock tritt der in Baden-Baden geborene Michael Andrejewski (Jahrgang 1959) neben Thomas Penneke (Burschenschaft Redaria-Allemannia Rostock) als Rechtsanwalt für den Neonazi Michael Grewe auf. Ihn und seinen Mandanten verbinden jedoch nicht nur die aktuellen Verhandlungen vor dem Rostocker Landgericht: Als Kollegen, Gesinnungs- und Parteigenossen gehören Grewe und Andrejewski der NPD in Mecklenburg-Vorpommern an. Beide propagieren eine menschenverachtende und gewaltverherrlichende Ideologie.

Der „ideologische Brandstifter“ von Rostock-Lichtenhagen

Michael Andrejewski begann 1982 in der Hansestadt Hamburg zunächst ein Studium der Volkswirtschaftslehre und drei Jahre später ein Jura-Studium. Nahezu zeitgleich mit Beginn seiner akademischen Laufbahn nahm mit der Gründung der „Hamburger Liste für Ausländerstopp“ (HLA) im April 1982 auch die politische Laufbahn von Michael Andrejewski ihren Anfang. Er fungierte als stellvertretender Vorsitzender dieser NPD-nahen Vereinigung und engagierte sich 1989 zudem als Sprecher der Hamburger DVU-Hochschulgruppe.

Nach der Wiedervereinigung verlagerte Andrejewski sein politisches Betätigungsfeld in die neuen Bundesländer und wurde vornehmlich in Rostock aktiv. Dort setzte er sein Studium fort und war Mitbegründer der rechten Gruppierung „Rostock bleibt deutsch“.

Überregionale Bekanntheit erlangte Michael Andrejewski, nachdem ein Mob aus Neonazis und Anwohnern im August 1992 über mehrere Tage hinweg unter dem Beifall tausender Zuschauer eine Flüchtlingsunterkunft im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen angegriffen hatte. Die antiziganistisch motivierten Angriffe hatten sich später auf ein Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter ausgeweitet. Etwa 120 Menschen konnten nur knapp dem Tod in den Flammen entkommen. Andrejewski zeichnete im Vorfeld des Pogroms namentlich für ein Flugblatt verantwortlich, das zum „Widerstand gegen die Ausländerflut“ aufgerufen hatte. Der Aufruf firmierte unter der „Aktion Rostock bleibt deutsch“ mit einer Hamburger Postfachadresse und wurde tausendfach in und um Rostock-Lichtenhagen verteilt. An die „Lieben Rostocker Landsleute“ gerichtet hieß es dort unter anderem, die HLA wolle dazu „anregen, in Rostock eine Bürgerinitiative zu gründen, die deutsche Interessen […] vertritt“. Bezugnehmend auf dieses Flugblatt äußerte Andrejewski 2007 im „Deutschland Radio“, der Aufruf stehe nicht im Zusammenhang mit dem Asylbewerberheim und habe „überhaupt nicht zur Gewalt aufgerufen“. Gemäß dieser Logik fand die rassistische Hetze bereits vier Monate nach dem Pogrom durch die von ihn gegründete „Aktion Mecklenburg/Vorpommern bleibt unser“ (MBU) in Rostock unbeeindruckt ihre Fortsetzung.

Der NPD trat Andrejewski 1994 bei. Er verließ die Stadt Rostock und unterstützte bis zum Jahr 2000 bundesweit die Wahlkämpfe der neonazistischen Partei. Nach einer zweijährigen Referendariatszeit in Stendal beendete er im Alter von 43 Jahren sein Studium mit dem Zweiten Staatsexamen.

Anwalt der „kleinen Leute“?

Im Jahr 2003 ließ sich Michael Andrejewski in einer Plattenbausiedlung in der Kleinstadt Anklam im Landkreis Ostvorpommern nieder. In dem 15.000-Einwohner-Städtchen waren der NPD-Politiker zunächst arbeits- und seine Partei regional nahezu bedeutungslos. Nach nur einem Jahr gelang ihm jedoch mit acht Prozent der Wählerstimmen der Einzug in den Anklamer Stadtrat. Zudem vertritt er die NPD seither im Kreistag von Ostvorpommern. Andrejewski gilt als der aktivste Kommunalpolitiker der NPD im Bundesland. Bereits mehrfach ist es ihm gelungen, auf den Meinungsbildungsprozess in der Anklamer Stadtvertretung Einfluss zu nehmen und sich zum Anwalt der „kleinen Leute“ zu stilisieren. Ideologische Botschaften verknüpft er mit örtlichen sozialen Problemen. So etwa, wenn Andrejewski mit Erfolg den Erhalt einer Kinderbibliothek gegen die Förderung einer Gedenkstätte für Opfer der Wehrmachtsjustiz ausspielt oder Debatten um die Haushaltspolitik zur Pseudo-Systemkritik nutzt. Seine in der Kommunalpolitik gemachten Erfahrungen hat Michael Andrejewski für seine Parteikollegen in einem „Leitfaden für die kommunalpolitische Arbeit“ zusammengefasst und dazu genutzt, mit parlamentarischen Aufgaben überforderte NPD-Kommunalpolitiker in der Region aktiv in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Zur Bundestagswahl 2005 kandidierte Andrejewski als NPD-Spitzenkandidat. In Vorbereitung auf die Landtagswahlen 2006 hatten Michael Andrejewski und der Kameradschaftsführer Tino Müller ein Praktikum bei der sächsischen NPD-Landtagsfraktion absolviert. Kurz darauf wurde Andrejewski in den Landtag gewählt, wo er seither als innenpolitischer Sprecher der NPD-Fraktion auftritt und für Rechtsfragen zuständig ist. „Landtagszirkus“, so Andrejewski gegenüber der „TAZ“, sei für ihn jedoch nebensächlich. Die Wähler der NPD wären schon „[…] zufrieden, wenn wir denen in Schwerin ordentlich die Meinung geigen.“ Das „Bürgerbüro“ des Landtagsabgeordneten befand sich zunächst bei einem „nationalen Wohnprojekt“ in Salchow – einem abgelegenen Privatgrundstück vor den Toren Anklams – und diente der Anklamer Wohnbevölkerung folglich kaum als Anlaufstelle. Seit Ende 2008 stellt Andrejewski sein Angebot von Sprechstunden und „Hartz IV“-Beratungen in den Räumen der „Pommerschen Volksbücherei“ bereit, über die auch seine Anwaltskanzlei gemeldet ist. Die ehemalige Kaufhalle in der Anklamer Innenstadt war zuvor von den Kameradschafts-Aktivisten und NPD-Vorstandsmitgliedern Enrico Hamisch und dem wegen Körperverletzung verurteilten Alexander Wendt unbemerkt ersteigert worden. Letzterer ist – neben dem Stralsunder NPD-Kader Dirk Arendt – für Andrejewski als Wahlkreismitarbeiter tätig.

Beflügelt von seinen Wahlerfolgen äußerte Andrejewski gelegentlich Ambitionen, einst den Bürgermeister von Anklam zu stellen. Zur Anklamer Bürgermeisterwahl im April 2010 will er diesen vollmundigen Ankündigungen Taten folgen lassen. Zuvor wird die Rechtsaufsicht des Landkreises Ostvorpommern jedoch über seine vermeintliche Verfassungstreue befinden. Bereits bei den Landratswahlen im Mai 2008 scheiterte Michael Andrejewski – wie auch sein vorbestrafter Parteikollege Stefan Köster in Ludwigslust – an den Verfahrensregeln: Kreis- und Landeswahlausschuss zweifelten an seiner Verfassungstreue und versagten ihm die Kandidatur. Ganz unverhohlen spricht Andrejewski, der sich selbst als „Berufsrevolutionär von Rechts“ bezeichnet, von seinem Ziel, eine „nationale Alternative“ zum „herrschende[n] Parteiensystem“ zu schaffen.

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