Nebenklage fordert Haftstrafen

Angesichts ausbleibender Reue und rechter Ideologie sei klares Zeichen gegen Neonazi-Gewalt notwendig

Pressemitteilung der Prozessgruppe Pölchow vom 01. März 2010

Nach dem Ende der Beweisaufnahme im Prozess um den Überfall einer Gruppe Neonazis auf nicht-rechte Jugendliche in Pölchow im Sommer 2007 wurden heute die ersten Plädoyers gehalten. Während die Nebenklagevertreter der Betroffenen Haftstrafen und damit ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt forderten, plädierte die Staatsanwältin auf Bewährungsstrafen für die beiden mutmaßlichen Haupttäter. Einem unterstellt sie sogar eine Distanzierung von der rechten Szene, obgleich er selber diese nie behauptet hat.

Sowohl die Staatsanwältin wie auch die Nebenklage machten in ihren Schlussworten deutlich, dass sich in Pölchow ein Angriff von Neonazis auf eine nicht-rechte Reisegruppe ereignet hat. Schutzbehauptungen der rechten Szene, “Linksextremisten” hätten einen Überfall auf die NPD-Anhänger geplant, sind eindeutig hinfällig und nicht mehr als “Lügenkonstrukte”, wie eine Anwältin betonte. Stattdessen wurde in den Plädoyers deutlich auf die Aktivitäten von Dennis F. und des NPD-Mitarbeiters Michael Grewe hingewiesen. Sie sollen durch die Gewalt, Grewe zudem durch Kommandos an andere Schläger und Drohungen gegenüber den Opfern aufgefallen sein.

Für Michael Grewe und Dennis F. forderte die Staatsanwältin Strafen von 24 bzw. 16 Monaten, ausgesetzt auf vier bzw. drei Jahre Bewährung. Ein dritter Angeklagter sei mangels Beweisen freizusprechen. Dennis F. hielt sie sogar eine mutmaßliche Distanzierung von der rechten Szene zu Gute – obgleich dieser weder im Prozess Reue noch Kooperationsbereitschaft gezeigt und das Gericht mit einer abenteuerlichen Einlassung verhöhnt hat. Zu den immer anwesenden Neonazi-Kadern hält er engen und freundschaftlichen Kontakt, seine Einlassung war unmittelbar nach dem letzten Verhandlungstag im Volltext auf einer einschlägigen Internetseite erschienen.

Die drei Vertreter der Nebenklage plädierten stattdessen für Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren für die beiden Angeklagten Michael Grewe und Dennis F. Beide seien aktive Mitglieder oder Anhänger der Neonazi-Szene und gemäß ihrer Anschauungen gibt es für sie gar keinen anderen Weg, als Politik mit Gewalt durchzusetzen. Ihre Tat sei “ideologieimmanent” und keine zufällige “Wirtshausschlägerei” gewesen. Angesichts der Schwere des brutalen Angriffs seien Bewährungsstrafen indiskutabel.

“Der Überfall von Pölchow ist nicht eine wahllose Auseinandersetzung, sondern steht im Einklang mit Aktivismus und Ideologie der Neonazi-Szene”, kommentiert Franziska Holtz, Pressesprecherin der Prozessgruppe Pölchow. “In brutaler Gewalt gegen mißliebige Menschen offenbart sich der Kern extrem rechter Anschauungen. Die Staatsanwaltschaft jedoch scheint auf dem rechten Auge blind zu sein, wenn sie diesen Hintergrund ignoriert und sogar einer vermeintlichen Distanzierung eines der Angeklagten von der rechten Szene Glauben schenkt.”

Ausführliche Informationen sind im Prozessbericht zum siebenten Verhandlungstag zu finden.

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